Wie kann ich mir bei meiner
Versorgung mit Vitamin B-12 sicher sein? Wo steckt es drin? Auf was muss ich
achten?
„Vitamin B-12 ist ein gut erforschtes Vitamin. Wir sollten den Wissensstand nutzen. Keiner muss heute an einem Vitamin B-12-Mangel leiden. Auch Veganer und Veganerinnen nicht.“ (Herr Prof. Leitzmann 2016 im Interview)
Meine Umfrage zeigt, dass sich der Großteil der befragten Veganer und Veganerinnen zwar bewusst sind, dass auf Vitamin B-12 geachtet werden muss, viele wollen jedoch keine Nahrungsergänzungsmittel, zum Beispiel in Form von Tabletten, zu sich nehmen. Bezüglich der alternativen Möglichkeiten gibt es wohl viele Unklarheiten, die mit dem heutigen Artikel geklärt werden sollen.
Meine Umfrage zeigt, dass sich der Großteil der befragten Veganer und Veganerinnen zwar bewusst sind, dass auf Vitamin B-12 geachtet werden muss, viele wollen jedoch keine Nahrungsergänzungsmittel, zum Beispiel in Form von Tabletten, zu sich nehmen. Bezüglich der alternativen Möglichkeiten gibt es wohl viele Unklarheiten, die mit dem heutigen Artikel geklärt werden sollen.
Darum bat ich den Ernährungsexperten Herrn Prof Leitzmann aus Gießen um ein spezifisches Interview. Meine Fragen wurden ausführlich beantwortet und ich freue mich darüber, dieses sehr interessante Gespräch mit Euch teilen zu dürfen.
Vitamin B-12 in pflanzlichen Lebensmitteln und die Aufnahme von Vitamin B-12 aus Bakterien
Sehr geehrter Herr Prof. Leitzmann, viele Menschen glauben, dass man sich
durch rein pflanzliche Nahrungsmittel gut mit Vitamin B-12 versorgen kann. In
meiner Umfrage wurden zum Beispiel fermentierte Produkte wie Sauerkraut oder
Brottrunk genannt, aber auch Pilze wie Hefe oder Shitake. Warum glauben Sie,
dass die Menschen denken diese Nahrungsmittel würden eine ausreichende Versorgung
gewährleisten?
Herr Prof. Leitzmann: Das glauben diese Menschen deshalb, weil in diesen Produkten durchaus Vitamin
B-12 enthalten ist, manchmal sogar in größeren Mengen. Doch fast alles was hier
an Vitamin B-12 vorhanden ist, ist für unseren menschlichen Körper ungeeignet.
Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Vitamin B-12-Vitameren, aber viele
davon haben für uns keine Wirkung. So wird das Vitamin B-12 zwar in den von Ihnen
genannten Produkten gemessen, aber es hilft nicht, wenn es für uns nicht
geeignet ist.
Das heißt der Körper kann das Vitamin B-12 aus diesen Produkten &
Lebensmitteln nicht resorbieren und aufnehmen?
Herr Prof. Leitzmann: Doch, er kann es resorbieren! Das Problem ist die Molekularstruktur
dieses Vitamin B-12. Sie zeigt sich bei den wichtigen Mechanismen, wie der
Zellteilung, der Blutbildung und für die Funktion des Nervensystems, als
unwirksam. Zusätzlich ist dieses unwirksame Vitamin B-12 in dem Fall sogar
hinderlich. Denn durch dieses wird die Aufnahme des wirksamen Vitamin B-12
blockiert.
Es ist also nicht nur unwirksam, sondern
man verschlechtert damit die Situation. Dann zieht man auch keinen Nutzen
daraus, wenn kleine Mengen von wirksamem Vitamin B-12 vorhanden sind.
Die Produkte die Sie genannt haben
sind aber natürlich aus anderen Gründen sehr gesundheitsfördernd, aber als Vitamin
B-12 Lieferanten sind sie unzuverlässig.
Eine weitere Aussage wurde mehrmals in meiner Umfrage getätigt. Einige
Menschen glauben, dass sich Vitamin B-12 an Gemüse befindet, wenn man es frisch
aus der Erde zieht und nicht wäscht. Wie erklären Sie sich das?
Herr Prof. Leitzmann: Ja das ist durchaus erklärbar. Das trifft besonders für Gemüse zu, die
im Boden wachsen. Wenn man diese nicht gründlich wäscht, bleiben Bakterien haften,
die möglicherweise auch Vitamin B-12 in sich tragen oder synthetisieren. Diese
nimmt man dann auf und kann damit theoretisch zumindest einen Beitrag für die Vitamin
B-12-Versorgung leisten.
Theoretisch deshalb weil das
natürlich eine sehr unzuverlässige Quelle ist. Man sollte sich nicht darauf
verlassen, dass genau die richtigen Bakterien und in ausreichender Anzahl
vorhanden sind. Zudem kommt man hier natürlich ganz schnell in Konflikt mit
hygienischen Bedingungen.
Sie glauben, dass das Vitamin B-12 dann nicht ausreichend vorhanden ist? Also in
zu geringen Mengen?
Herr Prof. Leitzmann: Wir brauchen ja nur sehr geringe Mengen, das muss auch immer wieder
gesagt werden. Aber trotzdem bleibt es eine sehr unzuverlässige Quelle.
Also können Bakterien durchaus zur Versorgung mit Vitamin B-12 beitragen, nur eben, wie Sie sagen, sehr unzuverlässig einschätzbar?
Herr Prof. Leitzmann: Ja so ist es. Ich meine Sie haben sich ja auch mit dem Thema
beschäftigt und vielleicht ist Ihnen folgendes Beispiel bekannt: Es gibt viele
Vegetarier und Vegetarierinnen in Indien und auch Veganer und Veganerinnen. Die
Veganer haben mit der Vitamin B-12-Versorgung in Indien offensichtlich keine Probleme.
Wenn diese Inder nach England auswandern und dort länger leben, dann entwickeln
sie einen Vitamin B-12-Mangel, den sie in Indien nicht hatten. Das kann man eben
mit den sehr anderen hygienischen Verhältnissen in Indien erklären. In den
tropischen Ländern gibt es überall Bakterien und aufgrund der anderen hygienischen
Situation ist eine Vitamin B-12-Versorgung auf diese Weise möglich. Hierzulande
haben wir ganz andere hygienische Verhältnisse. Zudem möchte man ja eine
optimale Versorgung haben und nicht eine bei der man gerade nicht in einem
Mangel kommt.
Die Resultate einer wissenschaftlichen Studie führen zu den selben Empfehlungen.
Ich
fand eine Studie in welcher untersucht wurde, ob die Annahme, dass bei einer
veganen Rohkosternährung eine gewisse Art von Bakterien im Darm Vitamin B-12
ausreichend synthetisieren, zutrifft (Donaldson 2000). Im Ergebnis zeigt sich
auch hier, dass eine solche Quelle zu unzuverlässig ist und es wird eine zusätzliche
Supplementierung von Vitamin B-12 und eine regelmäßige Untersuchung der Werte
im Blut empfohlen.
Nun wissen
wir Bescheid über Pilze, Fermentiertes und über Bakterien als Vitamin B-12
Lieferanten. Wenden wir uns jetzt den Algen zu.
Es scheint
gewisse Algenarten zu geben, die möglicherweise das Risiko eines Vitamin B-12-Mangels
vermindern könnten (Watanabe 2007).
Jedoch muss hier genau unterschieden werden, welche Alge zugeführt wird. Laut
Watanabe könnte die sogenannte Nori Alge (Porphyra
sp.) zur Versorgung beitragen. Die in Nahrungsergänzungsmitteln jedoch oft
verwendete Spirulina Alge (Spirulina sp.)
scheint für eine Vitamin B-12 Versorgung unpassend zu sein, da sie ein
sogenanntes Pseudo Vitamin B-12 produziere, welches der menschliche Körper
nicht verstoffwechseln könne (Watanabe 2007).
Kann uns die Nori Alge wirklich ausreichend mit Vitamin B-12 versorgen?
Herr Prof. Leitzmann: Die Nori Alge wird ja immer wieder genannt. Bei Algen haben wir das
Problem der Gefahr uns mit Jod zu überdosieren, denn es sind sehr
unterschiedliche Gehalte an Jod in den Algen vorhanden. Bevor man größere
Mengen einnimmt, müsste man eigentlich untersuchen wie hoch der Jodgehalt
tatsächlich ist. Bezogen auf das Vitamin B-12 kann man sagen, dass die Nori Alge
eine zuverlässige Quelle zu sein scheint. Laut der wissenschaftlichen Literatur
sind in dieser Alge die Vitamere vorhanden, die für uns geeignet sind.
Soweit ich mich erinnern kann sind in etwa 29 Mikrogramm Vitamin B-12 pro
100g Nori Alge enthalten, oder?
Herr Prof. Leitzmann: Es kommt immer darauf an, wo die Alge gezüchtet wurde und welche
Nährlösungen verwendet wurden. Man spricht meist nicht von einer genauen
Mikrogramm Angabe, sondern eher von Spektren. Ich schätze den Vitamin B-12
Gehalt in Algen auf in etwa 10 bis 50 Mikrogramm pro 100g. Dazu habe ich jedoch
keine genauen Zahlen, das sind nur meine Vermutungen.
Das heißt die deutsche Gesellschaft für Ernährung rät deshalb eher von
den Algen als Vitamin B-12-Lieferant ab, weil man nie wirklich genau sagen kann
wieviel Vitamin B-12 tatsächlich in der Alge vorhanden ist?
Herr Prof. Leitzmann: Ja das ist einer der Gründe. Und dann gibt es ja gerade auch bei den
Algen zusätzliche Probleme, die dazu führen, dass man eher vorsichtig mit deren
Empfehlungen ist. Neben dem hohen Jodgehalt, der ein Problem sein kann, sind
unsere Meeresprodukte heute alle ziemlich stark belastet. Da kommt man ganz
schnell zum Quecksilber und zum Kadmium und zu anderen Schwermetallen. Auch aus
diesem Grunde wird es als Quelle zumindest von diesen offiziellen
Organisationen, wie der DGE, nicht empfohlen. Es sprechen also verschiedene
Gründe dagegen.
Also ich glaube soweit ich das jetzt mitgekriegt habe, verlassen sich die
Veganer und Veganerinnen oft darauf, dass auf der Verpackung „Bio“ steht. Was
halten Sie davon?
Herr Prof. Leitzmann: Ja das ist eine sehr gute Idee. Das
würde ich allen empfehlen, die sagen, ich möchte trotzdem Algen zu mir nehmen.
Ich würde immer Acht darauf geben, dass diese möglichst aus einer Produktion
stammen, bei der man zumindest eine gewisse Sicherheit hat, dass sie gut
untersucht worden sind.
Ok. Jetzt gehen wir von einem Fallbeispiel aus. Da ist jetzt ein Veganer,
der will auf gar keinen Fall Vitamin B-12 in einem zugesetzten Produkt zu sich
nehmen und fragt Sie welche Alternativen er hat.
Würden Sie Algen als Alternative empfehlen und ihm raten regelmäßig
seinen Vitamin B-12-Status im Blut zu testen?
Herr Prof. Leitzmann: Ja, die Alge ist eine Möglichkeit, jedoch mit den etwas unsicheren
Aspekten, die wir bereits besprochen haben.
Ich würde dazu raten, dass man das
Produkt untersuchen lässt. Man kann dadurch herausfinden, ob eine zu hohe Jod-Konzentration
vorhanden ist, ob es mit Schwermetallen belastet ist und wieviel humanes
Vitamin B-12 tatsächlich vorhanden ist. Wir wissen wie viel Vitamin B-12 wir
aufnehmen sollten, nämlich zwischen 1 – 3 Mikrogramm pro Tag. Wenn man das dann
später noch durch eine Blutuntersuchung kontrollieren lässt, ist das natürlich
eine gute Sicherheitsmaßnahme.
Wo würde ich hingehen wenn ich ein Produkt untersuchen lassen wollen
würde?
Herr Prof. Leitzmann: Es gibt moderne Labore, die routinemäßig Lebensmittel untersuchen. Man kann
eine E-Mail an ein solches Labor senden und erklären, dass man sein Produkt auf
Jod, Vitamin B-12, Kadmium, Blei und Quecksilber untersuchen lassen möchte und fordert
einen Kostenvoranschlag an.
Eine letzte Frage hätte ich noch. Ich las viel über die mit Vitamin B-12
angereicherte Zahnpasta. Haben die Untersuchungen bereits gezeigt, dass das
eine wirksame Methode ist?
Herrn Prof. Leitzmann: Das hat gut funktioniert. Diese Untersuchungen macht Dr. Markus Keller.
Er hat sehr ermutigende Ergebnisse aus den vorläufigen Beobachtungen und wird
das weiter untersuchen und auch veröffentlichen. Wenn Sie wissen wollen, wie
der Stand der Dinge ist, dann können Sie ihn kontaktieren und er wird Sie dann
informieren.
Ich bedanke mich bei meinem sehr netten Interview Partner und bin zufrieden mit den Ergebnissen.
Über das umstrittene Thema "Jod" will ich das nächste Mal Bericht erstatten.
Ich wünsche Euch allen eine schöne Woche und hoffe, dass dieser Artikel dazu beigetragen hat etwas Licht in das Wirrwarr der Informationsflut zu bringen.
Quellen:
Interview mit Herrn Prof. Leitzmann
von der Universität Gießen am 29.07.2016
Donaldson,
M. S. (2000). "Metabolic Vitamin B-12 Status on a Mostly Raw Vegan Diet
with Follow-up Using Tablets, Nutritional Yeast, or Probiotic
Supplements." Annals of Nutrition and Metabolism 44(5-6): 229-234.
Watanabe,
F. (2007). "Vitamin B-12 Sources and Bioavailability." Experimental Biology and Medicine 232(10): 1266-1274.
Leitzmann C, Keller M: Vegetarische Ernährung. Ulmer
Verlag, Stuttgart 2013.
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